Paihia/Bay of Islands
Nach langer Fahrt im geschichtsträchtigen Norden Neuseelands angekommen, ging es für die erste Nacht ins Hostel in Paihia.
Auf dem Weg dorthin wurde noch ein kurzer Stop in Kawakawa eingelegt bei der wohl meistbesuchten Toilette der Welt (vielen Dank an Martin für den Tip!). Das WC Haus wurde von Hundertwasser entworfen als Dank für seine herzliche Aufnahme (er hat tatsächlich neben der Österreichischen auch eine Neuseeländische Staatsbürgerschaft). Das Gebäude stellt das einzige Hundertwasser Kunstwerk in der südlichen Hemisphäre dar.
Paihia, ein kleiner verschlafener Ort, liegt in einer wunderschönen Bucht, die ihrem Namen “Bay of Islands” alle Ehren macht.
Waitangi, direkt neben Paihia gelegen, gilt als Geburtsort der Nation Neuseeland. Hier gingen als Erste die Maori vor ca. 800 Jahren an Land, bis dann Captain James Cook ihnen im Jahre 1769 folgte. 1840 dann, wurde hier der erste Vertrag zwischen den Maori und den Briten geschlossen, die “Treaty of Waitangi”, und damit die Nation Neuseeland begründet.
In Paihia traf ich dann, zu unserer gemeinsamen Überraschung, viel schneller als erwartet, Paul, den ich während des Fluges kennengelernt habe und die meiste Zeit in Auckland verbracht habe. Nach einem köstlichen WARMEN Mal (ich habe nach fast einer Woche noch immer keine Gaskartusche finden können, sie sind noch immer überall ausverkauft) ging es noch in eine kleine Bar um die Ecke und wir stellten fest, dass der Ort doch nicht so ganz verschlafen ist, wie anfangs vermutet.
Daher war auch der Tag und die Nacht im Hostel eher mental als körperlich regenerierend ;)
Es tat aber einfach auch wieder gut unter Menschen zu kommen, nach den recht einsamen Tagen zuvor.
Glowworm Cave / Kerikeri
Am nächsten Tag ging es dann zuerst in eine Glühwürmchenhöhle, in der es leider verboten war, Bilder zu machen. Die Glühwürmchen sind nicht zu vergleichen mit unseren Heimischen. Man sollte sie eher als Glühwürmer bezeichnen, da es tatsächlich, anders als Glühwürmchen, Würmer sind, die wie eine Spinne, ein Netz spinnen, von dem sie Fangfäden ablassen und mit ihrem leuchtenden Körper dann Beute anlocken.
Im Englischen wird hier auch ein Unterschied in der Bezeichnung gemacht (Glowworm - Glühwurm und Fireflies - Glühwürmchen). Naja, jedenfalls sieht es in einer dunklen Höhle einfach gigantisch aus, wenn die Glowworms, wie die Milchstraße, an der Decke leuchten.
Noch total überwältigt von der Höhle, ging es weiter nach Kerikeri auf eine kleine, ebenfalls sehr schöne Wanderung zu verschiedenen Wasserfällen. Der Weg stellt auch eine Etappe des Te Arora (der Trail vom nördlichsten Punkt zum südlichsten Punkt Neuseelands) dar.
Noch in Auckland hatte ich mal mit Paul eine Nacht durchzecht und als ich am nächsten Morgen im Hostel angekommen bin und noch kurz in die Küche für ein Glas Wasser gehuscht bin, traf ich dort einen Mann der sich gerade mit einem ausgewogenen Frühstück auf den Te Arora vorbereitet hatte. Wir verstanden uns prächtig und unterhielten uns noch recht lange über den Weg. Jetzt auf der Wasserfalltour kommt mir doch tatsächlich 2 Wochen später genau dieser Mann entgegen - Zufälle gibt’s, die gibt’s gar nicht.
Wir freuten uns beide sehr darüber, ihm geht es noch super, er war sehr am Schwärmen und wir sagten uns bis bald. Denn wir hatten beide das Gefühl, das wird nicht unsere letzte Begegnung auf dieser Reise sein.
Seit dieser Begegnung will mir dieser Weg nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Ursprünglich war es ja mein Plan diesen Weg zu gehen, hatte mich auch Gepäcktechnisch danach ausgerichtet, mich dann aber doch dagegen entschieden, da man vieles links und rechts des Weges verpasst.
Ich fuhr, um den Te Arora fürs Erste aus dem Kopf zu bekommen, weiter nach Norden zu einem wunderschönen Schlafplatz, direkt an einem komplett leeren Sandstrand am Meer.
Das ist hier schon toll, wie alles auf das Campen ausgelegt ist. Ich darf hier kostenlos und ungestört stehen, bei uns in Deutschland müsste ich entweder Platzgebühren zahlen oder eine Strafe riskieren.
An diesem Ort merkte ich dann auch wieder, was ich an diesem Auto und dieser Flexibilität habe. Einschlafen zum Wellenrauschen und Aufwachen zum Sonnenaufgang über’m Meer - traumhaft!
Cape Reinga
Nach dieser traumhaften Nacht ging es zum nördlichsten Punkt Neuseelands - Cape Reinga. Ein bezauberndes Kap, an das der “90 Miles Beach” grenzt. Wie muss es für die ersten Maori oder Captain Cook gewesen sein, als sie vom Norden kommend das erste Mal dieses wunderschöne Land sahen. Kein Wunder, ist dieser Ort für die Maori heilig und ebenfalls der Startpunkt des Te Arora. Ich wanderte die erste Etappe des Te Arora, die ein Stück des 90 Miles Beach entlang geht und bog dann ab, um noch ein anderes Kap sehen zu können. Da ich leider mit meiner Vermutung falsch lag und keinen Rundweg aus der Etappe machen konnte, musste ich die Etappe gleich 2-mal wandern. Aber halb so wild bei der Aussicht! Über einen kleinen Grad geht es herab zu einem traumhaften Strand - seht selbst, rauf über die Dünen, zum wieder leuchtend grünen Cape Maria van Diemen. Man spürt schon auf dieser ersten Etappe die spirituelle Kraft des Te Aroras, Freiheit, Anstrengung, für sich sein, Belohnung durch die Panoramen oder das Ankommen. So ganz lässt mich dieser Weg einfach nicht los. Kurz kommt der Gedanke in mir auf das Auto einfach wieder zu verkaufen und drauf los zu stiefeln. Die Ausrüstung und Fitness habe ich dafür. Doch merke ich, gehe ich mit dieser Reise meinen ganz eigenen Te Arora, auf meine ganz eigene Art und Weise. Die Lehren, die der Te Arora einem mitgibt und die Herausforderungen, die er einem stellt, werde ich ebenfalls zu spüren bekommen.
Ich bin schon gespannt, was ich nach den verschiedenen Etappen und am Ende der Reise berichten werde und was es mit mir als Menschen und Persönlichkeit anstellen wird.
Und eines ist für mich jetzt schon klar, falls ich nochmal hier her komme, werde ich den Te Arora gehen, vielleicht ja dann zusammen mit dir.
Aber bis dahin folgt jetzt erst Mal die nächste Nacht am wunderschönen Strand Tokerau Beach in meinem schönen kleinen Camperauto. Träumend vom Spirit des Te Aroras zum sanften Wellenschlag.
Kauri Forest
Von einem ausgiebigen Frühstück am Strand und einer netten Unterhaltung mit einem italienischen Pärchen gestärkt, geht es heute zu den Giganten Neuseelands in den Kauri Forest Waipoua. Heute ist zudem Labour Day - Tag der Arbeit.
Als ich an meinem Ziel antreffe, muss ich schon schauen, dass ich noch einen Parkplatz bekomme. Gerade ausgestiegen, dringen auf einmal aus dem Wald die Töne eines Didgeridoo zu mir durch. Ich beeile mich und will erkunden, was da vor sich geht.
Nach einem kurzen Gang sehe ich eine große Gruppe von Maori mit einem Didgeridoo und Flöten, gebetartig, voller Ehrfurcht in eine Richtung spielend.
Als ich um die Ecke sehe, steht er auf einmal vor mir - der gigantisch große Tane Mahuta.
Auch ich erstarre direkt in Ehrfurcht und nehme diesen ganz speziellen spirituellen Flair dieses Naturwunders, verbunden mit den Rythmen der Maori, für mich im Stillen wahr.
Aus Respekt vor den Maori, habe ich Szene nicht aufgenommen.
Der Tane Mahuta ist ein Kauri-Baum und hat einen Stammumfang von 13.8 m
und ist 51.5. m hoch. Damit ist er der größte noch lebende Baum Neuseelands.
Man schätzt sein Alter auf ca 2000 Jahre - Unglaublich!
In der Mythologie der Maori ist er der Son von Ranginui, dem Himmelsvater und Papatuanuku, der Erdmutter. Es sieht tatsächlich so aus, als ob er Himmel und Erde verbinden würde. Laut den Maori ist er der Lebensspender, alle lebenden Kreaturen sind seine Kinder. Das kommt mir doch sehr bekannt vor, der Glaube an den Baum des Lebens ist mit den Maori hierher gereist.
Eine kurze Fahrt und einen Spaziergang weiter, komme ich zu dem älteren Bruder des Tane Mahuta, dem uralten Te Matua Ngahere.
Er ist zwar nicht mehr ganz so hoch (man kann an seinem Äußeren sehen, was er in seinem Leben schon alles überwunden haben muss), hat aber einen Stammumfang von sagenhaften 16,41 Metern.
Sein Alter wird auf unglaubliche 3500 Jahre geschätzt!
Das muss man sich mal vorstellen, als dieses Lebewesen das Licht der Welt erblickte, waren wir Europäer gerade noch mitten in der Bronzezeit (tats. Mittlere Bronzezeit) und in Ägypten wurde gerade das erste Grab des späteren Tal der Könige errichtet.
Was dieses Geschöpf alles miterlebt und durchgemacht haben muss - Da kommt man sich auf einmal ganz klein, nichtig und unbedeutend vor.
Hoffentlich überleben der Te Matua Ngahere und seine Geschwister auch noch unsere Epoche, aber leider tut unsere Spezies ja ihr Bestes zu schaffen, was 3500 Jahre lang niemand zuvor geschafft hat.
Auch ich kann mich nach dem weiten Flug hierher und dem Auto was ich fahre, da leider nicht mehr rausnehmen. Dennoch versuche ich mein Bestes zu geben, meinen ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten.
Es ist jedenfalls vorbildlich, wie die Maori versuchen, ihre Natur zu schützen. Vor jedem Waldeingang, Trampelpfad oder Wanderweg steht ein kleiner Durchgang, der sehr bequem ermöglicht, seine Schuhe zu reinigen und zu desinfizieren. Dazu sind die Pfade in den Kauri-Wäldern extra erhöht, da die Wurzeln dieser Giganten sehr empfindlich sind.
Dass allerdings Abgase und Viehzucht ebenso bedrohlich für die Kauri sind, ist leider auch hier noch nicht ganz angekommen. Das öffentliche Verkehrsnetz ist außerhalb der Städte extrem schlecht (Der Grund warum ich auch ein Auto fahre) und vegetarische Auswahl auf dem Speiseplan sehr selten. Doch trotz allem kann sich der Rest der Welt da noch eine ganze Menge abschauen.
Nun genieße ich, nach einem weiteren ausgiebigen Spaziergang an anderer Stelle des Kauri-Waldes, meine wohl vorerst letzte Nacht nördlich von Auckland. Morgen geht es dann wieder nach Coromandel, mit einem kleinen Abstecher in einen Nationalpark, dieses Mal allerdings an die Ostküste Coromandels.
Bis dahin - Gute Nacht.
Endlich!!!
Ich habe endlich Gaskartuschen auftreiben können! Hatte zwischendurch schon die Hoffnung aufgegeben… Wie lecker das erste Frühstück mit selbstgekochtem Kaffee und frischem Avocado-Brot doch schmeckt!

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Kommentare
Lieber Stefan wo bist du denn jetzt? Geht es dir gut? Oma hofft das du ein warmes Bett, genug zum Essen und alles sicher ist? Deine Reiseerzählungen sind ja sehr detailliert und aufschlussreich. Bravo ! Liebe Grüße Oma und Evi❤️
Lass dir deinen Kaffee und deine Freiheit schmecken. Ich lese mit verzücken deine Berichte! Toll! Mehr davon! 😊